Grußwort
   
  Eröffnungsfeier der Konejung Stiftung: Kultur am 3. Juli 2004
  Von Dr. Johannes Meier, Mitglied des Präsidiums der Bertelsmann Stiftung
   
 
Dr. Johannes Meier
Es mir eine doppelte Freude, als Freund der Familie Konejung aber ebenso in meiner Funktion
als Präsidiumsmitglied der Bertelsmann Stiftung, die sich der Förderung des Stiftungsgedankens
verpflichtet sieht, die Gründung der Konejung Stiftung: Kultur mit Ihnen feiern zu dürfen.
 
„Man irrt, wenn man glaubt, dass Schenken eine leichte Sache ist.“ -
so sagte schon der römische Philosoph Seneca. Daran hat sich bis in unser Zeitalter nichts geändert. So soll auch Will Kellogg, der Erfinder der Cornflakes und einer der größten Stifter unseres Jahrhunderts einmal geseufzt haben: „Es war viel einfacher, Geld zu verdienen, als zu wissen, wie man es sinnvoll wieder ausgibt“.
   
  Stiftung ist die Verbindung von Geld und Idee. Das klingt einfach!
  Stiftung bedeutet aber auch Geben und Loslassen. Dies ist schon weitaus schwieriger. Wer sich dazu entschließt, eine Stiftung zu gründen, muss ein Stiftungskapital von in Deutschland mindestens 50.000 Euro einbringen und in der Satzung einen Stiftungszweck formulieren. Und der will gut überlegt sein, denn: In einer Stiftung findet der Wille des Stifters eine endgültige Form. Das heißt, wer eine Stiftung errichtet, trennt sich zum einen unwiederbringlich von einem Teil seines Vermögens und zum anderen ist es so gut wie unmöglich, den Stiftungszweck nachträglich zu ändern.
Selbst wenn vielleicht das Problem, zu dessen Bewältigung die Stiftung einst gegründet wurde, gar nicht mehr existiert. Eine Stiftung ist also gewissermaßen auf die Ewigkeit angelegt: Vorausgesetzt das Stiftungsvermögen wird nicht durch Krieg oder Geldentwertung vernichtet wird es also auch in 500 Jahren Menschen geben, die den ‚Horst-Konejung-Preis‘ verliehen bekommen!
   
  Doch es kommt nicht nur auf den Zweck an, sondern auf das Wie.
  Die besondere Herausforderung des Stifters und Stiftungsvorstands ist es, wirksame Wege zur Erreichung der Stiftungsziele zu finden.
Hier komme ich zu einem weit verbreiteten Missverständnis: Wenn ca. 850 Tsd. Euro Stiftungskapital, wie im Falle der Konejung Stiftung, eingebracht werden, bedeutet dies keineswegs, dass auch 850 Tsd. Euro zur Verfügung stehen. Das Stiftungsvermögen selbst darf nicht angetastet werden; ausgegeben werden dürfen nur die Erträge des Vermögens und dies zeitnah. Bei 850 Tsd. Euro. wären das nach gegenwärtiger Zinslage etwa 30 TSD Euro pro Jahr. Deshalb ist es durchaus üblich, dass Stiftungen, selbst die Bertelsmann Stiftung mit einem jährlichen Budget von immerhin 60 Mio. Euro, nicht nur Geld geben, sondern auch selbst Mittel einwerben, um die Wirkung ihrer Arbeit zu erhöhen.
   
  850 Tsd. Euro ist keineswegs wenig als Stiftungskapital im Vergleich zu anderen Stiftungen!
  Von den ca. 10.000 Stiftungen, die es in Deutschland heute gibt, haben 60% ein Kapital von weit weniger als 500 TSD Euro. Die Konejung Stiftung: Kultur gehört also zum oberen Drittel der Stiftungen in Deutschland.

Und dennoch, die „Förderung von Kulturprojekten im Rahmen der europäischen Einigung“, die sich die Konejung Stiftung Kultur zum Ziel gesetzt hat, ist ein anspruchsvolles Unterfangen. Stiftungen sind in Deutschland neben der öffentlichen Hand ein verlässlicher und ein unabhängiger, der Qualität verpflichteter Partner für Künstler und Kultureinrichtungen. 1)
Doch nun führen sie sich einmal den Kultursektor hierzulande vor Augen. Da mangelt es weniger an guten Ideen und Initiativen, als vielmehr an einem: Geld, und zwar massiv. Die Frage, die sich dem Stifter also gezwungenermaßen stellt ist: Welche von den unzähligen Ideen, Veranstaltungen und Institutionen ist nun diejenige, die den Auftrag der Stiftung am besten erfüllt?

Obwohl Stiftungen nicht in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Wettbewerb stehen, müssen auch sie danach streben, ihr Leistungspotential effizient und effektiv auszuschöpfen. Ansonsten wird die Stiftung schnell zu einer reinen Maschine zur Verteilung von Geld. Wie gesagt, Geld sinnvoll auszugeben ist nicht einfach! Strategische Zielformulierung, ein hohes Maß an konzeptioneller und kreativer Arbeit, Erfolgskontrolle und nachhaltiges Wirtschaften müssen selbstverständlicher Anspruch jeder Stiftungsführung sein, die einen gemeinnützigen Auftrag zu erfüllen hat.

Es gibt gute Gründe, warum heute private Stiftungen von Bürgern wieder größere Aufmerksamkeit - auch beim Staat - finden. Tatsächlich hat das Stiftungswesen in Deutschland in den letzten 14 Jahren einen ungeheueren Aufschwung erlebt. Über 1/3 der heute bestehenden 11.000 Stiftungen wurden seit Beginn der 90er Jahre gegründet. Zum einen sind die Bedingungen für Stiftungsgründungen derzeit außergewöhnlich günstig.
   
  Nie gab es in Deutschland so viele wohlhabende Menschen wie heute - nie gab es so viele kinderlose Paare wie heute.
  Dies beflügelt zweifelsohne das Stiften, wie auch die Ergebnisse einer Befragung von 620 Stiftern durch die Bertelsmann Stiftung zeigen: Für einen Großteil der Stifter liegt die Attraktivität von Stiftungen in ihrer Nachhaltigkeit. Während eine Spende nur kurzfristig wirkt, bringt die Stiftung ein Stück intergenerationelle Perspektive, ein Stück Zukunft, da der Stifter sicher sein kann, dass sein Vermögen auch nach seinem Tod für einen sinnstiftenden Zweck, der ihm zu Lebzeiten am Herzen lag, verwendet wird. Ein Ausblick auf die zukünftige ökonomisch-demografische Situation lässt vermuten, dass dieses Motiv an Bedeutung gewinnen wird - zum Vorteil des Stiftens.

Wir stehen heute in Deutschland vor Herausforderungen, die eine intensive Diskussion um das Verhältnis von Staat, Wirtschaft und Bürgergesellschaft hervorgebracht haben: Der Staat ist aufgrund leerer öffentlicher Kassen nicht mehr in der Lage, die abschließende Verantwortung für alle Lebensbereiche zu übernehmen. Darin liegt auch eine Chance für einen gesellschaftlichen Innovationsschub.
In dieser Situation besinnen sich viele, die sich über die Zukunft unseres Landes, seine Wettbewerbsfähigkeit, seine Reformfähigkeit, aber auch seinen sozialen Zusammenhalt Gedanke machen, auf private Stiftungen. „Stiftungen sind wichtig für die moralische Temperatur unserer Gesellschaft“ 2) schrieb einmal sehr treffend Bundespräsident Roman Herzog. Denn wer heute stiftet, möchte etwas bewegen, Verantwortung übernehmen oder der Gesellschaft etwas zurückgeben. Mit der Zwecksetzung macht der Stifter seine eigenen Wertmaßstäbe deutlich und lässt die Öffentlichkeit erkennen, welche Aufgaben von ihm als dringlich erkannt werden. Stiftungen sind daher Ausdruck gelebter Verantwortung und aktivem bürgerschaftlichem Engagements, deren Bedeutung auch der Gesetzgeber erkannt hat und durch verbesserte steuer- und zivilrechtliche Rahmenbedingungen unterstützt.
   
  Ich kehre nun zurück zur Familie Konejung, die zu Stiftern geworden ist
  Die Familie stiftet nicht nur Geld, sondern auch Zeit, indem Bettina Lauterborn und Achim Konejung sich selbst in der Stiftung engagieren. Zeit ist wohl die wichtigste menschliche Ressource. Denn nicht nur die Zahl privater Stiftungen, sondern auch das Interesse und die freiwillige Beteiligung der Bürger an den öffentlichen Angelegenheiten ist ein Gradmesser für die Stabilität einer Demokratie und gelebten Bürgergesellschaft.

Herzlichen Glückwunsch zur Gründung der Konejung-Stiftung: Kultur!
   
  Dr. Johannes Meier
Mitglied des Präsidiums der Bertelsmann Stiftung
   
  1) Kunst und Kultur als Stiftungszweck werden von ca. 11% der deutschen Stiftungen angegeben, von denen die meisten örtlich oder regional begrenzte Aktivitäten unterstützen.
2) FAZ, 16.5 1998, Spenden sollen abzugfähig bleiben, S. 6